Forscher reparieren geschädigte Nerven mit Licht
Nerven sind darauf ausgerichtet, ein ganzes Leben lang zu funktionieren. Neurodegenerative Erkrankungen oder Unfälle können jedoch zu Schädigungen führen, die ihre Funktionsfähigkeit stark beinträchtigen. Nun ist es einem Team um Dr. Hernán López-Schier, Leiter der Abteilung Sensory Biology and Organogenesis am Helmholtz Zentrum München, bei Zebrafischen gelungen, Regenerationsprozesse von Nerven gezielt zu aktivieren.Sie verwendeten dazu die sogenannte Optogenetik, also durch Licht steuerbare Proteine.
Wie der Name Optogenetik schon vermuten lässt, beinhaltet die Methode Elemente der Optik sowie der Genetik. Dazu werden Proteine verwendet, die Ihre Funktion in Abhängigkeit von Licht ändern und diese mit genetischen Methoden in die Zielzellen geschleust. Die so behandelten Zellen verändern dann ihr Verhalten durch eine Beleuchtung mit Licht der entsprechenden Wellenlänge. Da Zebrafischlarven eine durchsichtige Haut haben und das Licht somit ungehindert bis zu den Zielzellen gelangen kann, bieten sie eine besonders gute Grundlage für die Forschung in diesem Bereich.
Entscheidend für den Erfolg der Forscher war der Botenstoff cAMP. Er wird durch das Enzym Adenylatzyklase gebildet. Für das Experiment verwendeten die Wissenschaftler allerdings eine besondere Form dieses Enzyms, die durch blaues Licht aktivierbar ist. In Zellen mit diesem Enzym können die Wissenschaftler folglich die Produktion des Botenstoffs cAMP durch entsprechende Bestrahlung genau steuern.
Zum Einsatz brachten die Forscher dieses System in Zebrafischlarven, bei denen der sogenannte Lateralis-Nerv unterbrochen war. Dieser ist für die Weiterleitung sensorische Signale aus der Umwelt an das Gehirn zuständig und kann unter normalen Umständen nach einer Verletzung kaum wieder repariert werden.
„Bestrahlten wir allerdings die Fischnerven, die eine lichtaktivierbare Adenylatzyklase in sich trugen, mit blauen Licht, beschleunigte sich deren Reparatur dramatisch“, erinnert sich Doktorand Yan Xiao, Erstautor der Studie, deren Ergebnisse im Fachjournal ‚Current Biology‘ nachzulesen sind. „Während ohne Bestrahlung nur etwa fünf Prozent der Nervenenden wieder als Synapsen zueinander fanden, waren es mit Lichtstimulation schon dreißig Prozent.“ Vereinfacht gesagt, waren die Wissenschaftler also in der Lage, die Reparatur von Nervenbahnen räumlich und zeitlich exakt zu stimulieren, indem sie die Produktion von cAMP durch Licht erhöhten.
„Die Optogenetik hat die Neurobiologie bereits revolutioniert. Sie wurde beispielsweise bereits eingesetzt, um die Leitfähigkeit von Neuronen zu stimulieren. Unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, wie man mit Hilfe von Licht neuronale Netzwerke reparieren kann“, erklärt López-Schier.
Und der Studienleiter sieht in der Arbeit noch viel Potenzial: „Unsere Erkenntnisse sind ein erster Schritt. Nun wollen wir untersuchen, ob sich diese Ergebnisse nach einzelnen Nerven im Zebrafisch auf komplexere Verschaltungen von Nerven in höheren Tiere übertragen lassen.“ Die Wissenschaftler könnten sich vorstellen, dass die Methode eines Tages zur therapeutischen Anwendung bei Neuropathien kommt, wie sie bei Diabetes oder anderen Erkrankungen auftreten.
Quelle und weiterführende Informationen: Helmholtz Zentrum München
Im Beitrag genannte Publikation: Xiao, Y. et al. (2015). Optogenetic stimulation of neuronal repair, Current Biology, DOI: 10.1016/j.cub.2015.09.038